Gesetzliche Grundlagen für den Verfassungsgerichtshof
- VerfGHGO -
Geschäftsordnung
des
Verfassungsgerichtshofes des Saarlandes
Vom 5. August 1991
Auf
Grund des § 6 des Gesetzes über den Verfassungsgerichtshof (VGHG)-Gesetz Nr.
645-vom 17. Juli 1958 in der Fassung der Bekanntmachung
vom 19. November 1982 (Amtsbl.S. 917), geändert durch Gesetz Nr. 1222 vom 16.
September 1987 (Amtsbl.S. 1217) und Gesetz Nr. 1255 vom 29. November 1989
(Amtsbl. S. 1625),
hat der
Verfassungsgerichtshof folgende Geschäftsordnung beschlossen:
Erster Teil
Organisation und
Verwaltung des Verfassungsgerichtshofs
§ 1
Sitz des
Verfassungsgerichtshofes
Der Verfassungsgerichtshof hat seinen
Sitz im Gebäude des Oberlandesgerichts Saarbrücken.

§ 2
Verwaltung und
Außenvertretung
(1) Der
Präsident vertritt den Verfassungsgerichtshof nach außen und führt die
allgemeine Verwaltung.
(2) Der
Präsident unterrichtet die ordentlichen Mitglieder des Verfassunsgerichtshofes
(§ 2 Abs. 1 Satz 1 VGHG) und die Stellvertreter (§ 2 Abs. 1 Satz 2 VGHG) über
alle wichtigen Vorgänge, die sie oder den Verfassungsgerichtshof berühren.
(3) Wird
über eine die allgemeine Stellung der Stellvertreter berührende Frage
beschlossen, so nehmen diese mit beratender Stimme an der Sitzung teil.

§ 3
Amtstracht
(1) Der
Verfassungsgerichtshof kann das Tragen einer Amtstracht für die
Verfassungsrichter und Schriftführer beschließen.
(2) Die
vor dem Verfassungsgerichtshof auftretenden Rechtsanwälte tragen ihre
Amtstracht.

§ 4
Amtssiegel
Der
Verfassungsgerichtshof führt ein großes und ein kleines Landessiegel mit der
Umschrift "Verfassungsgerichtshof des Saarlandes".

§ 5
Geschäftsstelle
(1) Bei
dem Verfassungsgerichtshof wird eine Geschäftsstelle eingerichtet.
(2) Über
die Einrichtung der Geschäftsstelle sowie die Aktenordnung bestimmt der
Präsident.

§ 6
Amtsverschwiegenheit
(1) Die
Verfassungsrichter sind zur Amtsverschwiegenheit verpflichtet. Sie haben die
ihnen während eines Verfahrens in Urschrift oder Abschrift zugehenden
Schriftstücke geheimzuhalten. Dies gilt auch für Gutachten, für Entwürfe von
Entscheidungen oder Verfügungen sowie für sonstige vorbereitende Arbeiten.
(2) Die Verfassungsrichter haben spätestens
bei Beendigung ihres Amtes die ihnen zugegangenen Schriftstücke der
Geschäftsstelle zur Vernichtung zurückzugeben.

§ 7
Verlautbarungen
(1) Dem
Präsidenten obliegt die Information der Öffentlichkeit.
(2) Verlautbarungen des
Verfassungsgerichtshofes sind grundsätzlich schriftlich festzuhalten; ihre
Herausgabe veranlaßt der Präsident.
(3)
Verlautbarungen über ergangene Entscheidungen bedürfen regelmäßig der Billigung
des Berichterstatters und sollen erst hinausgegeben werden, wenn die
Entscheidung verkündet oder anzunehmen ist, daß sie den Beteiligten zugegangen
ist.

§ 8
Wissenschaftlicher
Mitarbeiter
Der
Verfassungsgerichtshof wird bei Bedarf durch einen wissenschaftlichen
Mitarbeiter unterstützt, den der Präsident bestimmt. Er soll Richter im
saarländischen Landesdienst sein.

Zweiter Teil
Besetzung des
Verfassungsgerichtshof
§ 9
Mitwirkung
Erscheint
die Berechtigung oder Verpflichtung eines Verfassungsrichters zur Mitwirkung
zweifelhaft, entscheidet der Verfassungsgerichtshof in entsprechender Anwendung
des § 13 Abs. 3 VGHG ohne Hinzuziehung eines Stellvertreters. Dies gilt auch in
den Fällen des § 13 Abs. 1 VGHG.

§ 10
Anzeige der
Verhinderung
Die ordentlichen Mitglieder des
Verfassungsgerichtshofes unterrichten den Präsidenten, falls sie durch
Ortsabwesenheit oder Krankheit für längere Zeit an einer Mitwirkung im
Verfassungsgerichtshof gehindert sein werden.

Dritter Teil
Verfahren vor dem
Verfasensgsgerichtshof
Erster Abschnitt
Allgemeine Vorschriften
§ 11
Allgemeine
Verfahrensgrundsätze
(1) Der
Verfassungsgerichtshof erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; er ist dabei
an Anträge der Beteiligten nicht gebunden.
(2)
Soweit das Gesetz über den Verfassungsgerichtshof und diese Geschäftsordnung
keine besonderen Regelungen treffen, bestimmt der Verfassungsgerichtshof sein
Verfahren nach freiem Ermessen unter Berücksichtigung der Grundregeln des
deutschen Verfahrensrechts.

§ 12
Zustellungen
(1)
Zustellungen werden vom Präsidenten verfügt.
(2)
Zustellungen erfolgen nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die
Zustellung von Amts wegen; sie können ferner durch eingeschriebenen Brief mit
Rückschein oder dadurch bewirkt werden, daß ein öffentlich Bediensteter das
Schriftstück gegen Empfangsbestätigung aushändigt.

§ 13
Akteneinsicht
(1) Über
Anträge auf Gewährung von Akteneinsicht entscheidet der Präsident; gegen seine
Entscheidung kann der Verfassungsgerichtshof angerufen werden.
(2) Das
Recht der Akteneinsicht bezieht sich auch auf Beiakten.
(3)
Verfahrensakten des Verfassungsgerichtshofes werden grundsätzlich nicht
herausgegeben. Über Ausnahmen entscheidet der Präsident.
(4)
Gutachten des Berichterstatters oder anderer Verfassungsrichter,
Entscheidungsentwürfe, Änderungs- und Forrnulierungsvorschläge, Entwürfe von
Verfügungen sowie sonstige Arbeiten einschließlich Notizen der
Verfassungsrichter sind nicht Bestandteil der Verfahrensakten. Sie werden
gesondert aufbewahrt und sind von der Akteneinsicht ausgeschlossen.
(5)
Akteneinsicht wird Dritten und nach Abschluß des Verfahrens auch den
Beteiligten nur gewährt, wenn ein berechtigtes Interesse glaubhaft gemacht
wird; Beiakten bleiben insoweit von der Einsichtnahme ausgeschlossen.
(6) Hält
der Präsident die Voraussetzungen des § 14 Abs. 3 VGHG für gegeben, so führt er binnen
angemessener Frist die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes herbei; bis
zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes ist die Akteneinsicht zu
verweigern. Das gleiche gilt, wenn bei Vorlage von Akten oder Urkunden ein mit
Gründen versehener Antrag auf Entscheidung gemäß § 14 Abs. 3 VGHG gestellt
wird. Wird ein solcher Antrag nicht gestellt, so wird angenommen, daß
Einwendungen gegen die Einsichtnahme nicht bestehen.

§ 14
Abschriften
Alle
Schriftsätze sind dem Verfassungsgerichtshof in neunfacher Ausfertigung
einzureichen. Außerdem ist für alle Beteiligten und ihre Bevollmächtigten
jeweils eine Ausfertigung beizufügen.

§ 15
Verfahrensvorbereitung
Der
Präsident bereitet das Verfahren vor; § 273 Abs. 1, 2 und 4 ZPO gilt
entsprechend.

§ 16
Bestellung der
Berichterstatter
(1) Nach
Eingang der Sache bestellt der Präsident, sofern dies für die weitere
Bearbeitung zweckmäßig ist, einen Berichterstatter sowie im Regelfall einen
Mitberichterstatter. Die Bestellung erfolgt nach dem Geschäftsverteilungsplan,
der vom Verfassungsgerichtshof zu Beginn eines jeden Kalenderjahres zu
beschließen ist. Vom Geschäftsverteilungsplan oder von einer bereits erfolgten
Bestellung zum Berichterstatter kann jederzeit abgewichen werden, wenn der
Verfassungsgerichtshof dies mehrheitlich für sachdienlich hält.
(2) Im
Falle der Verhinderung des zum Berichterstatter bestellten Verfassungsrichters
bestellt der Präsident einen neuen Berichterstatter; Abs. 1 Satz 2 und 3 gilt
entsprechend.
(3) Zu
einem vom Berichterstatter gefertigten Gutachten nimmt der Mitberichterstatter
schriftlich Stellung. Erscheint die Anfertigung eines Gutachtens unangebracht,
so legt der Berichterstatter einen Entscheidungsentwurf vor. Von den Gutachten
oder dem Entscheidungsentwurf erhalten die übrigen mitwirkenden
Verfassungsrichter je eine Abschrift.
(4)
Spätestens mit der Übersendung der Gutachten oder des Entscheidungsentwurfs
erhält jeder mitwirkende Verfassungsrichter je eine Abschrift der verfahrens-
und entscheidungserheblichen Schriftstücke.

§ 17
Mündliche
Verhandlung
(1) Den
Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt der Präsident.
(2) Für
die mündliche Verhandlung gelten die Vorschriften der § 103, 104 VwGO.
(3) Über
die mündliche Verhandlung wird eine Niederschrift durch einen von dem
Präsidenten zu bestimmenden Schriftführer aufgenommen. Sie wird von dem
Präsidenten und dem Schriftführer unterzeichnet.
(4) Auf
Anordnung des Präsidenten wird daneben die mündliche Verhandlung in einer
Tonbandaufnahme festgehalten; hierauf sind die Beteiligten zu Beginn der
mündlichen Verhandlung hinzuweisen. Das Band steht nur den mitwirkenden
Verfassungsrichtern und den Verfahrensbeteiligten zum Abhören im Gericht zur
Verfügung. Überspielungen und private Übertragungen sind unzulässig. Die
Aufzeichnung ist nach Zustellung der Entscheidung zu vernichten.
(5) Die
mündliche Verhandlung ist bei Zwischenentscheidungen, durch die nicht in der
Sache selbst entschieden wird, nicht erforderlich.

§ 18
Ladung der
Verfassungsrichter
(1) Zu
den Sitzungen werden die mitwirkenden Verfassungsrichter vom Präsidenten unter
Angabe der Tagesordnung mit einer Frist von zwei Wochen schriftlich geladen. In
Eilfällen kann die Frist abgekürzt und von der Schriftform abgesehen werden.
(2) Ist
ein Verfassungsrichter verhindert, so zeigt er dies unter Angabe der Gründe
unverzüglich dem Präsidenten an; die Gründe sind aktenkundig zu machen. Der
Präsident lädt den Stellvertreter; Abs. 1 Satz 2 findet entsprechende
Anwendung.

§ 19
Beratung und
Abstimmung
(1) An
der Beratung und Abstimmung dürfen nur die mitwirkenden Verfassungsrichter
teilnehmen; wissenschaftliche Mitarbeiter dürfen bei der Beratung und
Abstimmung zugegen sein, soweit der Verfassungsgerichtshof ihre Anwesenheit
gestattet.
(2) Für
das Verfahren bei Beratung und Abstimmung gelten die § 194, 195 und 197 GVG.
(3)
Jeder Verfassungsrichter kann bis zur Bekanntgabe der Entscheidung die
Fortsetzung der Beratung anregen, wenn er bisher nicht erörterte Gesichtspunkte
vortragen möchte.

§ 20
Sitzungsniederschrift
(1) Über
jede interne Sitzung ist eine von dem Präsidenten und einem weiteren
Verfassungsrichter unterschriebene Niederschrift anzufertigen, die Ort und Zeit
der Sitzung, die Namen der mitwirkenden Verfassungsrichter sowie die Formel der
gefaßten Entscheidungen enthält. Die Niederschrift darf keine Hinweise über den
Hergang der Beratung und der Abstimmung enthalten.
(2) Bei
Zwischenentscheidungen im Sinne des § 17 Abs. 5 ist die schriftliche Abstimmung
zulässig, wenn die Einberufung einer Sitzung nach Lage der Sache untunlich ist.
Die schriftliche Abstimmung geschieht in der Weise, daß der Präsident jedem
mitwirkenden Verfassungsrichter ein Exemplar des von ihm und, falls ein
Berichterstatter bestellt ist, von diesem unterzeichneten Beschlußentwurfes zur
Unterschrift übersendet. Der Beschluß ist mit Eingang der Zustimmung aller
Verfassungsrichter zustandegekommen. Er erhält das Datum des Tages, an dem die
letzte Unterschrift beim Präsidenten eingegangen ist.

§ 21
Rubrum der
Entscheidung
Die
Verfassungsrichter, die an der Entscheidung mitgewirkt haben, sind mit ihrem
Namen in der Reihenfolge des Alphabetes nach dem Präsidenten und dem
Vizepräsidenten aufzuführen. Amts- und Berufsbezeichnungen werden nicht
angegeben.

§ 22
Begründung der
Entscheidung
(1) Der
Berichterstatter entwirft die Entscheidung.
(2)
Erhebt ein mitwirkender Verfassungsrichter Bedenken gegen den Entwurf der
Entscheidungsbegründung und werden diese nicht durch Änderung des Entwurfes
beseitigt, so stellt der Verfassungsgerichtshof die Begründung auf Antrag in
erneuter mündlicher Beratung fest.

§ 23
Unterzeichnung der
Entscheidung
Ist ein
Verfassungsrichter an der Unterzeichnung einer Entscheidung verhindert, so wird
dies unter Angabe des Hinderungsgrundes von dem Präsidenten, bei dessen
Verhinderung vom Vizepräsidenten beziehungsweise von dem lebensältesten
Mitglied des Verfassungsgerichtshofes vermerkt.

§ 24
Veröffentlichung
von Entscheidungen
(1) Ist
die Veröffentlichung einer Entscheidung im Amtsblatt des Saarlandes
vorgeschrieben oder durch den Verfassungsgerichtshof beschlossen, so ersucht
der Präsident die Landesregierung, die Entscheidung in der nächsten Ausgabe des
Amtsblatts des Saarlandes zu veröffentlichen. Das Ersuchen ist an den
Ministerpräsidenten zu richten. Veröffentlicht wird die Entscheidungsformel in
der vom Verfassungsgerichtshof festgelegten Fassung.
(2) Wird
eine Entscheidung in anderer Weise, insbesondere in der Amtlichen Sammlung von
Entscheidungen der Oberverwaltungsgerichte Rheinland-Pfalz und Saarland,
veröffentlicht, sollen ihr Leitsätze beigefügt werden. Sie werden im
Einvernehmen mit dem Präsidenten von dem Verfassungsrichter, der mit der
Begründung der Entscheidung beauftragt war, festgestellt, wenn nicht der
Verfassungsgerichtshof etwas anderes bestimmt.

Zweiter Abschnitt
Verfahrensergänzende Vorschriften
§ 25
Verfahren bei
Anklagen
In den
Fällen des § 9 Nr. 1 bis 3 VGHG finden ergänzend die Vorschriften der Strafprozeßordnung
über die Hauptverhandlung entsprechende Anwendung.

§ 26
Verfahren bei
Anklagerücknahme
Wird die
Anklage zurückgenommen, so stellt der Verfassungsgerichtshof das Verfahren ein,
sobald dem Präsidenten eine Ausfertigung des Beschlusses des Landtages
zugegangen ist und der Angeklagte der Zurücknahme nicht mehr widersprechen
kann.

Dritter Abschnitt
Register
§ 27
Verfahrensregister
Die
Geschäftsstelle des Verfassungsgerichtshofes führt ein Verfahrensregister, in
das die Sachen in der Reihenfolge ihres Eingangs jahrgangsweise eingetragen
werden, sowie einen Geschäftskalender, in dem die Termine für mündliche
Verhandlungen und Fristen vermerkt werden.

§ 28
Allgemeines
Register
(1)
Anträge und Eingaben an den Verfassungsgerichtshof, die nicht auf eine
Rechtsprechungstätigkeit des Verfassungsgerichtshofes gerichtet sind, werden in
einem Allgemeinen Register erfaßt. Sie werden vom Präsidenten als
Verwaltungsangelegenheiten bearbeitet.
(2) Die
Entscheidung darüber, ob ein Vorgang in das Allgemeine Register einzutragen
ist, trifft der Präsident.
(3) Ein
im Allgemeinen Register eingetragener Vorgang ist in das Verfahrensregister zu
übertragen, wenn der Einsender nach Unterrichtung eine richterliche
Entscheidung begehrt.

Vierter Teil
Schlußvorschriften
§ 29
Änderung der
Geschäftsordnung
(1) Über
eine Änderung der Geschäftsordnung beschließt der Verfassungsgerichtshof mit
einfacher Mehrheit.
(2)
Jeder Verfassungsrichter kann die Änderung der Geschäftsordnung beantragen. Der
Antrag soll schriftlich gestellt werden, einen Formulierungsvorschlag und eine
Begründung enthalten.

§ 30
Inkrafttreten der
Geschäftsordnung
(1) Die
Geschäftsordnung des Verfassungsgerichtshofes des Saarlandes vom 2. Juni 1959
(Amtsbl. S. 925) wird aufgehoben.
(2)
Diese Geschäftsordnung tritt am Tage nach der Veröffentlichung im Amtsblatt des
Saarlandes in Kraft.

Hilpert
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Thürk
|
Burmeister
|
Dietz
|
Ellscheid
|
Friese
|
Heimes
|
Wadle
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Vorstehende Geschäftsordnung wird hiermit auf Grund des § 6 des Gesetzes über
den Verfassungsgerichtshof (VGHG) in der Neufassung vom 19. November 1982,
geändert durch Gesetz Nr. 1222 vom 16. September 1987 und Gesetz Nr. 1255 vom
29. November 1989, veröffentlicht.
Saarbrücken, den 5. August 1991
Der Verfassungsgerichtshof des Saarlandes
Der Präsident
Hilpert
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