Verfassung des Saarlandes (SVerf)

Vom 15. Dezember 1947

Stand: letzte berücksichtigte Änderung: zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes Nr. 1961 vom 10. April 2019 (Amtsbl. I S. 446)

 

I. Hauptteil
Grundrechte und Grundpflichten

 

1. Abschnitt
Die Einzelperson

 

Artikel 1

1Jeder Mensch hat das Recht, als Einzelperson geachtet zu werden. 2Sein Recht auf Leben, auf Freiheit und auf Anerkennung der Menschenwürde bestimmt, in den Grenzen des Gesamtwohles, die Ordnung der Gemeinschaft.

Artikel 2

1Der Mensch ist frei und darf nicht zu einer Handlung, Unterlassung oder Duldung gezwungen werden, zu der ihn das Gesetz nicht verpflichtet. 2Jeder hat Anspruch auf Schutz seiner personenbezogenen Daten. 3Eingriffe sind nur in überwiegendem Interesse der Allgemeinheit aufgrund eines Gesetzes zulässig.

Artikel 3

1Die Freiheit der Person ist unantastbar. 2Nur durch Gesetz kann sie eingeschränkt werden.

Artikel 4

1Glauben, Gewissen und Überzeugung sind frei.

2Die bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten werden dadurch weder bedingt noch beschränkt.

Artikel 5

1Jedermann hat das Recht, innerhalb der Schranken der Gesetze seine Meinung durch Wort, Schrift, Druck, Bild oder in sonstiger Weise frei zu äußern.

2Die Kunst, die Wissenschaft und ihre Lehre sind frei.

3Eine Zensur findet nicht statt.

4Beschränkungen sind nur im Rahmen der Gesetze gestattet.

Artikel 6

1Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder besondere Erlaubnis friedlich und unbewaffnet zu versammeln.

2Versammlungen unter freiem Himmel können durch das Gesetz anmeldepflichtig gemacht und bei unmittelbarer Gefahr für die öffentliche Sicherheit verboten werden.

Artikel 7

1Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

2Vereine und Gesellschaften, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen, sind verboten.

Artikel 8

1Parteien oder andere organisierte Gruppen, die darauf ausgehen, die verfassungsmäßig garantierten Freiheiten und Rechte durch Gewalt oder Missbrauch formaler Rechtsbefugnisse aufzuheben oder zu untergraben, sind verboten. 2Das Nähere regelt das Gesetz.

Artikel 9

1Deutsche genießen volle Freizügigkeit. 2Einschränkungen bedürfen eines Gesetzes.

3Jeder Deutsche ist berechtigt auszuwandern.

Artikel 10

Auf das Recht der freien Meinungsäußerung, der Versammlungs- und Vereinsfreiheit sowie auf das Recht der Verbreitung wissenschaftlicher oder künstlerischer Werke kann sich nicht berufen, wer die freiheitliche demokratische Grundordnung angreift oder gefährdet.

Artikel 11

1Kein Deutscher darf einer fremden Macht ausgeliefert werden.

2Asylrecht genießt, wer unter Verletzung der in dieser Verfassung niedergelegten Grundrechte verfolgt und in das Saarland geflohen ist. 3Das Nähere regelt das Gesetz.

Artikel 12

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) 1Frauen und Männer sind gleichberechtigt. 2Das Land, die Gemeinden und Gemeindeverbände und die sonstigen Träger öffentlicher Gewalt fördern die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung und wirken auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen, seiner sexuellen Identität benachteiligt oder bevorzugt werden.

(4) Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Artikel 13

1Niemand darf, außer in Fällen, die das Gesetz bestimmt und in den von diesem vorgeschriebenen Formen, verfolgt, festgenommen oder in Haft gehalten werden.

2Niemand darf in Haft gehalten werden, ohne spätestens am Tage nach der Festnahme einem Richter vorgeführt zu werden. 3Jedem Verhafteten ist Gelegenheit zu geben, Einwendungen gegen die Festnahme zu erheben.

4Dauert die Haft länger als einen Monat, so ist die Berechtigung ihrer Fortdauer nach Maßgabe des Gesetzes periodisch durch eine begründete Entscheidung des Richters festzustellen.

Artikel 14

1Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

2Jeder gilt als unschuldig, bis er durch rechtskräftiges Urteil eines zuständigen Gerichtes für schuldig befunden ist.

3Jedermann hat in einem Verfahren vor einer Behörde grundsätzlich das Recht, sich eines Rechtsbeistandes zu bedienen.

Artikel 15

Strafen dürfen nur auf Grund von Gesetzen, die zur Zeit der Begehung der Tat in Geltung waren, verhängt werden.

Artikel 16

1Die Wohnung ist unverletzlich. 2Ausnahmen sind nur auf Grund von Gesetzen zulässig.

Artikel 17

1Das Brief-, Post-, Telegrafen- und Fernsprechgeheimnis ist gewährleistet. 2Ausnahmen bestimmt das Gesetz.

Artikel 18

1Das Eigentum wird im Rahmen des Gesetzes gewährleistet. 2Das Gleiche gilt für das Erbrecht.

Artikel 19

1Jeder ist nach Maßgabe der Gesetze zur Übernahme ehrenamtlicher Tätigkeit und zur Nothilfe verpflichtet.

2Die Verpflichtung zur Leistung persönlicher Dienste für Staat und Gemeinde kann nur mit der für ein verfassungsänderndes Gesetz vorgeschriebenen Mehrheit beschlossen werden.

Artikel 20

Glaubt jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt zu sein, so steht ihm der Beschwerde- bzw. Rechtsweg offen.

Artikel 21

1Die Grundrechte sind in ihrem Wesen unabänderlich. 2Sie binden Gesetzgeber, Richter und Verwaltung unmittelbar.

 

 

2. Abschnitt
Ehe und Familie

 

Artikel 22

Ehe und Familie genießen den besonderen Schutz und die Förderung des Staates.

Artikel 23

1Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge des Staates.

2Wer in familiärer Gemeinschaft Kinder erzieht oder für andere sorgt, ist durch die staatliche Ordnung zu schützen und zu fördern.

Artikel 24

(1) 1Die Pflege und die Erziehung der Kinder zur leiblichen, geistigen, seelischen sowie zur gesellschaftlichen Tüchtigkeit sind das natürliche Recht der Eltern und die vorrangig ihnen obliegende Pflicht. 2Sie achten und fördern die wachsende Fähigkeit der Kinder zu selbstständigem und verantwortlichem Handeln. 3Bei der Pflege und Erziehung ihrer Kinder genießen sie den Schutz und die Unterstützung des Staates.

(2) 1Der Staat wacht darüber, dass das Kindeswohl nicht geschädigt wird. 2Er greift schützend ein, wenn die Eltern ihre Pflicht zur Pflege und Erziehung der Kinder gröblich vernachlässigen oder ihr Erziehungsrecht durch Gewalt oder in sonstiger Weise missbrauchen.

(3) Den nicht ehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre persönliche Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Artikel 24a

(1) Jedes Kind hat ein Recht auf Achtung seiner Würde, auf Entwicklung und Entfaltung seiner Persönlichkeit, auf Bildung sowie auf gewaltfreie Erziehung zu Eigenverantwortung und Gemeinschaftsfähigkeit.

(2) Jedes Kind hat ein Recht auf besonderen Schutz vor Gewalt, Vernachlässigung, Ausbeutung sowie leiblicher, geistiger oder sittlicher Verwahrlosung.

Artikel 25

(1) 1Das Land, die Gemeinden und Gemeindeverbände und die sonstigen Träger öffentlicher Gewalt achten und sichern die Kinderrechte, tragen für altersgerechte positive Lebensbedingungen Sorge und fördern die Kinder nach ihren Anlagen und Fähigkeiten. 2Sie haben die erforderlichen Einrichtungen zu schaffen. 3Ihre Aufgaben können durch Einrichtungen der freien Wohlfahrt wahrgenommen werden, die als gemeinnützig anerkannt werden.

(2) Das Mitwirkungsrecht der Kirchen und Religionsgemeinschaften sowie der Verbände der freien Wohlfahrtspflege in den Angelegenheiten der Familienförderung, der Kinder- und Jugendhilfe bleibt gewährleistet und ist zu fördern.

(3) Fürsorgemaßnahmen im Wege des Zwangs sind nur auf Grund des Gesetzes zulässig.

 

 

3. Abschnitt
Erziehung, Unterricht, Volksbildung, Kulturpflege, Sport

 

Artikel 26

1Unterricht und Erziehung haben das Ziel, den jungen Menschen so heranzubilden, dass er seine Aufgabe in Familie und Gemeinschaft erfüllen kann. 2Auf der Grundlage des natürlichen und christlichen Sittengesetzes haben die Eltern das Recht, die Bildung und Erziehung ihrer Kinder zu bestimmen.

3Die Kirchen und Religionsgemeinschaften werden als Bildungsträger anerkannt.

Artikel 27

1Der Heranbildung der Jugend dienen öffentliche und private Schulen.

2Das gesamte Schulwesen untersteht der Aufsicht des Staates.

3Das öffentliche Schulwesen besteht aus allgemein bildenden und beruflichen Schulen. 4Allgemein bildende Schulen, an denen die allgemeine Hochschulreife erworben werden kann, sind Gemeinschaftsschulen und Gymnasien. 5Das Nähere bestimmt ein Gesetz.

6Die öffentlichen Schulen sind Gemeinsame Schulen. 7In ihnen werden Schüler unabhängig von ihrer Religionszugehörigkeit bei gebührender Rücksichtnahme auf die Empfindungen andersdenkender Schüler auf der Grundlage christlicher Bildungs- und Kulturwerte unterrichtet und erzogen.

8Öffentliche Schulen müssen die Voraussetzungen eines geordneten Schulbetriebes erfüllen. 9Das Nähere bestimmt ein Gesetz.

10Über die Aufnahme in eine bestimmte Schulform entscheidet die Eignung. 11Den Schülern ist der Zugang zu den Schulen gemäß ihrer Begabung zu ermöglichen.

Artikel 28

1Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen bedürfen der Genehmigung des Staates. 2Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die privaten Schulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. 3Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist.

4Private Grundschulen und Förderschulen, dürfen nur unter den besonderen Voraussetzungen des Artikels 7 Abs. 5 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 zugelassen werden.

5Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen haben zur Durchführung ihrer Aufgaben und zur Erfüllung ihrer Pflichten Anspruch auf öffentliche Zuschüsse. 6Das Nähere bestimmt ein Gesetz.

7Privaten Grundschulen und Förderschulen,, die auf gemeinnütziger Grundlage wirken und in Aufbau und Gliederung den für die öffentlichen Schulen geltenden gesetzlichen Vorschriften entsprechen, ersetzt das Land auf Antrag des Schulträgers den notwendigen Aufwand für die fortdauernden Personal- und Sachkosten, der sich nach dem der öffentlichen Schulen bemisst. 8Absatz 3 bleibt unberührt.

Artikel 29

1Der Religionsunterricht ist an allen öffentlichen Schulen ordentliches Lehrfach. 2Er wird erteilt im Auftrag und im Einvernehmen mit den Lehren und Satzungen der betreffenden Kirchen und Religionsgemeinschaften. 3Die Kirchen und Religionsgemeinschaften haben das Recht, im Benehmen mit der staatlichen Aufsichtsbehörde die Erteilung des Religionsunterrichts zu beaufsichtigen. 4Lehrplan und Lehrbücher für den Religionsunterricht bedürfen der Zustimmung der staatlichen Aufsichtsbehörde.

5Die Eltern können die Teilnahme ihrer Kinder am Religionsunterricht ablehnen. 6Den Kindern darf daraus kein Nachteil entstehen. 7Diese Ablehnung kann auch durch die Jugendlichen selbst geschehen, wenn sie das 18. Lebensjahr vollendet haben.

Artikel 30

Die Jugend ist in der Ehrfurcht vor Gott, im Geiste der christlichen Nächstenliebe und der Völkerversöhnung, in der Liebe zu Heimat, Volk und Vaterland, zu sorgsamem Umgang mit den natürlichen Lebensgrundlagen, zu sittlicher und politischer Verantwortlichkeit, zu beruflicher und sozialer Bewährung und zu freiheitlicher demokratischer Gesinnung zu erziehen.

Artikel 31
(aufgehoben)

Artikel 32

Staat und Gemeinde fördern das Volksbildungswesen, einschließlich der Volksbüchereien und Volkshochschulen.

Artikel 33

1Die Gründung und der Ausbau saarländischer Hochschulen werden angestrebt.

2Die Hochschulen haben das Recht der Selbstverwaltung. 3Die Freiheit von Forschung und Lehre ist gewährleistet. 4Die Studenten wirken in der Erledigung ihrer eigenen Angelegenheiten in demokratischer Weise mit.

5Der Zugang zum Hochschulstudium steht jedem offen. 6Es sind Einrichtungen zu treffen, die es begabten Werktätigen ohne Reifezeugnis ermöglichen, die Hochschule zu besuchen.

7Näheres bestimmt ein Landesgesetz.

Artikel 34

1Kulturelles Schaffen genießt die Förderung des Staates.

2Die Denkmäler der Kunst, der Geschichte und der Natur sowie die Landschaft genießen den Schutz und die Pflege des Staates. 3Die Teilnahme an den Kulturgütern ist allen Schichten des Volkes zu ermöglichen.

Artikel 34a

Wegen seiner gesundheitlichen und sozialen Bedeutung genießt der Sport die Förderung des Landes und der Gemeinden.

 

 

4. Abschnitt
Kirchen und Religionsgemeinschaften

 

Artikel 35

1Die ungestörte Ausübung der Religion ist gewährleistet und steht unter staatlichem Schutz. 2Öffentliche gottesdienstliche Handlungen sind gestattet. 3Der Staat erkennt die zu Recht bestehenden Verträge und Vereinbarungen mit den Kirchen an.

4Die Kirchen genießen auf ihrem eigenen Gebiet volle Selbstständigkeit; sie verleihen ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der Gemeinden, unbeschadet bestehender anderweitiger gesetzlicher Bestimmungen oder Vereinbarungen; sie haben volle Freiheit der Lehrverkündigung und der geistlichen Leitung; ihr Verkehr mit den Geistlichen und den Gläubigen durch Hirtenbriefe, Amtsblätter, Verordnungen und Anweisungen unterliegt keiner staatlichen Aufsicht oder Einschränkung; sie haben das Recht, Vereine und Organisationen zu gründen und zu unterhalten, die ihren religiösen, karitativen, sozialen und volkserzieherischen Aufgaben dienen. 5Die Pflichten, die sich aus den Grundsätzen der Verfassung für den Einzelnen, für Personengemeinschaften und Körperschaften ergeben, bleiben hiervon unberührt.

Artikel 36

1Die Ausbildung der Geistlichen und Religionsdiener ist das ausschließliche Recht der Kirchen und Religionsgemeinschaften. 2Zu diesem Zwecke haben sie volle Freiheit in der Einrichtung und im Lehrbetrieb, der Leitung und Verwaltung von eigenen Hochschulen, Seminaren und Konvikten.

3Die Kirche kann im Einvernehmen mit dem Staat theologische Fakultäten einrichten.

Artikel 37

1Die Kirchen und Religionsgemeinschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den Vorschriften des allgemeinen Rechts.

2Die Kirchen und Religionsgemeinschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechts, soweit sie es bis jetzt waren. 3Andere Religionsgemeinschaften und Stiftungen können diese Eigenschaft auf Antrag erwerben, wenn sie durch ihre Satzungen und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. 4Schließen sich mehrere derartige Religionsgemeinschaften zu einem Verband zusammen, so ist auch dieser eine Körperschaft des öffentlichen Rechts.

5Die Kirchen und Religionsgemeinschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, dürfen, um ihre für das Saarland erforderlichen Ausgaben zu decken, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten Steuern erheben.

Artikel 38

Das Eigentum und andere Rechte der Kirchen, Religionsgemeinschaften und ihrer Einrichtungen an ihrem für Kultus-, Unterrichts- und Wohltätigkeitszwecke bestimmten Vermögen werden gewährleistet.

Artikel 39

Die auf Gesetz, Vertrag oder sonstigen Rechtstiteln beruhenden bisherigen Leistungen des Staates, der politischen Gemeinden an die Kirchen und sonstigen Religionsgemeinschaften sowie an ihre Anstalten, Stiftungen, Vermögensmassen und Vereinigungen bleiben erhalten.

Artikel 40

Die von den Kirchen und Religionsgemeinschaften oder ihren Organisationen unterhaltenen sozialen und karitativen Einrichtungen sowie ihre Schulen werden als gemeinnützig anerkannt.

Artikel 41

Der Sonntag und die staatlich anerkannten kirchlichen Feiertage sind als Tage der religiösen Erbauung, seelischen Erhebung und Arbeitsruhe gesetzlich geschützt.

Artikel 42

In Krankenhäusern, Strafanstalten und sonstigen öffentlichen Anstalten und Einrichtungen ist den Kirchen und Religionsgemeinschaften Gelegenheit zu geben, Gottesdienste zu halten und eine geordnete Seelsorge zu üben.

 

 

5. Abschnitt
Wirtschafts- und Sozialordnung

 

Artikel 43

1Die Wirtschaft hat die Aufgabe, dem Wohl des Volkes und der Befriedigung seines Bedarfes zu dienen.

2Durch Gesetz sind die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die Erzeugung, Herstellung und Verteilung der Wirtschaftsgüter sinnvoll zu beeinflussen, um jedermann einen gerechten Anteil am Wirtschaftsertrag zu sichern und ihn vor Ausbeutung zu schützen.

Artikel 44

1Vertragsfreiheit und Gewerbefreiheit sind nach Maßgabe der Gesetze gewährleistet. 2Jeder Missbrauch wirtschaftlicher Machtstellung ist unzulässig.

Artikel 45

1Die menschliche Arbeitskraft genießt den Schutz des Staates. 2Jeder hat nach seinen Fähigkeiten ein Recht auf Arbeit.

Artikel 46

1Der Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit und Arbeitsfähigkeit, dem Schutz der Mutterschaft, der Vorsorge gegen die wirtschaftlichen Folgen von Geburt, Krankheit, Unfall, Berufsunfähigkeit, Alter, Invalidität und Tod sowie dem Schutz gegen die Folgen unverschuldeter Arbeitslosigkeit dient dem ganzen Volk die unter Aufsicht des Staates stehende Sozial- und Arbeitslosenversicherung. 2Sozial- und Arbeitslosenversicherung unterstehen der Selbstverwaltung der Versicherten unter Mitwirkung der Arbeitgeber und haben besondere Gerichtsbarkeit. 3Das Nähere bestimmt das Gesetz.

Artikel 47

1Für alle Arbeitnehmer ist ein einheitliches Arbeitsrecht mit besonderer Gerichtsbarkeit zu schaffen, welches das Recht der Tarifvereinbarung sowie die unabdingbaren Kollektivvereinbarungen zwischen den Berufsorganisationen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer regelt. 2Die Arbeitsbedingungen sind so zu gestalten, dass sie die Existenz, die Würde, das Familienleben und die kulturellen Ansprüche des Arbeitnehmers sichern. 3Frauen und Jugendlichen ist ein besonderer gesetzlicher Schutz zu gewähren. 4Männer und Frauen erhalten für gleiche Tätigkeit und Leistung das gleiche Entgelt.

Artikel 48

1Die Arbeitszeit ist gesetzlich zu regeln. 2Das Arbeitsentgelt ist für die Feiertage zu zahlen, die durch das Gesetz bestimmt werden.

3Jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf bezahlten Urlaub.

Artikel 49

1Wer in einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis steht, hat das Recht auf die zur Wahrnehmung staatsbürgerlicher Rechte und auf die für die Ausübung ihm übertragener öffentlicher Ehrenämter benötigte Freizeit und hat Anspruch auf Bezahlung seines entgangenen Verdienstes. 2Das Nähere regelt das Gesetz.

Artikel 50

1Dem Staat obliegen Planung und Durchführung des wirtschaftlichen und sozialen Aufbaues des Landes nach Maßgabe der Gesetze.

2Als Gebot sozialer Gerechtigkeit hat der Staat durch Gesetz die entschädigungslose Einziehung aller Kriegsgewinne sicherzustellen.

Artikel 51

1Eigentum verpflichtet gegenüber dem Volk. 2Sein Gebrauch darf nicht dem Gemeinwohl zuwiderlaufen.

3Einschränkung oder Entziehung des Eigentums sind nur auf gesetzlicher Grundlage zulässig, wenn es das Gemeinwohl verlangt. 4Dies gilt auch für Urheber- und Erfinderrechte. 5Enteignung darf nur gegen angemessene Entschädigung erfolgen. 6Angemessen ist jede Entschädigung, die ihrer Art und Höhe nach die Belange der einzelnen Beteiligten sowie die Forderungen des Gemeinwohls berücksichtigt. 7Im Streitfall steht dem Beteiligten der ordentliche Rechtsweg offen.

Artikel 52 1)

1Schlüsselunternehmungen der Wirtschaft (Kohlen-, Kali- und Erzbergbau, andere Bodenschätze, Energiewirtschaft, Verkehrs- und Transportwesen) dürfen wegen ihrer überragenden Bedeutung für die Wirtschaft des Landes oder ihres Monopolcharakters nicht Gegenstand privaten Eigentums sein und müssen im Interesse der Volksgemeinschaft geführt werden.

2Alle wirtschaftlichen Großunternehmen können durch Gesetz aus dem Privateigentum in das Gemeinschaftseigentum übergeführt werden, wenn sie in ihrer Wirtschaftspolitik, ihrer Wirtschaftsführung und ihren Wirtschaftsmethoden das Gemeinwohl gefährden. 3Solche Unternehmungen können, wenn begründete Veranlassung hierzu gegeben ist, nach Maßgabe eines Gesetzes von Fall zu Fall der öffentlichen Aufsicht unterstellt werden. 4In Gemeineigentum stehende Unternehmen sollen, wenn es ihrem wirtschaftlichen Zweck entspricht, in einer privatwirtschaftlichen oder gemeinwirtschaftlichen Unternehmensform geführt werden. 5Bei Überführung von Unternehmen in Gemeineigentum ist durch Beteiligung der im Betrieb tätigen Arbeitnehmer, von Gemeinden oder Gemeindeverbänden oder sonstigen kommunalen Zweckvereinigungen eine übermäßige Zusammenballung wirtschaftlicher Macht zu verhindern.

1

Vorschrift wohl obsolet im Hinblick auf Artikel 14, 15 und 142 des Grundgesetzes.

Artikel 53

1Die Aufsicht des Staates über die Banken, sonstige Geldinstitute und Versicherungen regelt das Gesetz.

2Der Staat hat unter Zuziehung der Kräfte der Wirtschaftsgemeinschaften die Maßnahmen zu treffen, welche eine im volkswirtschaftlichen Sinne gebotene Anlage des Volksvermögens sicherstellen.

3Das Nähere regelt das Gesetz.

Artikel 54

1Der selbstständige saarländische Mittelstand in Industrie, Gewerbe, Handwerk und Handel ist zu fördern und in seiner freien Entfaltung zu schützen.

2In gleicher Weise ist das Genossenschaftswesen zu fördern.

Artikel 55

1Der Staat hat die Landwirtschaft als Grundlage der Volksernährung, insbesondere die Erhaltung eines selbstständigen Bauernstandes mit allen geeigneten Mitteln zu fördern.

2Die Nutzung des Bodens ist Pflicht des Besitzers gegenüber der Gemeinschaft. 3Vertraglicher Erwerb und Veräußerung von land- und forstwirtschaftlichem Grundbesitz durch Eigentümer, deren Grundbesitz ein noch festzustellendes Höchstmaß überschreitet, ist nach Maßgabe der Gesetze genehmigungspflichtig.

Artikel 56

1Die Vereinigungsfreiheit zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. 2Das Streikrecht der Gewerkschaften ist im Rahmen der Gesetze anerkannt. 3Streiks dürfen erst dann durchgeführt werden, wenn alle Schlichtungs- und Verhandlungsmöglichkeiten erschöpft sind.

Artikel 57

1Zur Wahrung der allgemeinen wirtschaftlichen und sozialen Interessen wirken die Berufsorganisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf der Grundlage der Gleichberechtigung zusammen.

2Die Berufsorganisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind ausschließlich zur Wahrnehmung beruflicher, wirtschaftlicher und sozialer Interessen berufen. 3Das Nähere regelt das Gesetz.

Artikel 58

1Die Vereinigungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer wirken auf der Grundlage der Gleichberechtigung in Wirtschaftsgemeinschaften zusammen. 2Sie haben die gemeinsamen Angelegenheiten ihres Bereichs zu behandeln, sind mit der Wahrnehmung der Interessen ihres Wirtschaftszweiges in der Gesamtwirtschaft betraut und von der Regierung zu allen wirtschaftlichen und sozialen Maßnahmen von grundsätzlicher Bedeutung zu hören.

3Eine staatliche Wirtschaftslenkung kann nur über die Wirtschaftsgemeinschaften durchgeführt werden. 4Das Nähere bestimmt ein Gesetz.

5Zur Vertretung im Betrieb und zum Zweck der Wahrung ihrer wirtschaftlichen und sozialen Interessen wählen die Arbeitnehmer einen Betriebsrat. 6Das Nähere regelt das Betriebsrätegesetz.

Artikel 59

1Die Wirtschaft des Saarlandes findet ihre öffentlich-rechtliche Vertretung jeweils in der Industrie- und Handelskammer, in der Handwerkskammer, in der Landwirtschaftskammer und in der Arbeitskammer, denen die Wirtschaftsgemeinschaften angeschlossen werden.

2Dies gilt auch für die Genossenschaften und die Wirtschaftsunternehmungen der öffentlichen Hand.

 

 

6. Abschnitt
Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen, Tierschutz

 

Artikel 59a

(1) 1Der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen ist der besonderen Fürsorge des Staates und jedes Einzelnen anvertraut.

2Es gehört deshalb zu den erstrangigen Aufgaben des Staates,

-

Boden, Wasser und Luft als natürliche Lebensgrundlagen zu schützen, eingetretene Schäden zu beheben oder auszugleichen,

-

mit Energie sparsam umzugehen,

-

die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts zu erhalten und dauerhaft zu verbessern,

-

den Wald zu schützen und eingetretene Schäden zu beheben und auszugleichen,

-

die heimischen Tier- und Pflanzenarten zu schonen und zu erhalten.

(2) Das Gesetz bestimmt die notwendigen Bindungen und Pflichten, es ordnet den Ausgleich der betroffenen öffentlichen und privaten Belange und regelt die staatlichen und kommunalen Aufgaben.

(3) Tiere werden als Lebewesen und Mitgeschöpfe geachtet und geschützt

 

 

Zweiter Hauptteil
Aufgaben und Aufbau des Staates

 

Erster Abschnitt
Grundlagen

 

Artikel 60

(1) Das Saarland ist eine freiheitliche Demokratie und ein sozialer Rechtsstaat in der Bundesrepublik Deutschland.

(2) 1Das Saarland fördert die europäische Einigung und tritt für die Beteiligung eigenständiger Regionen an der Willensbildung der Europäischen Gemeinschaften und des vereinten Europa ein. 2Es arbeitet mit anderen europäischen Regionen zusammen und unterstützt grenzüberschreitende Beziehungen zwischen benachbarten Gebietskörperschaften und Einrichtungen.

 

Artikel 61

(1) 1Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. 2Sie wird vom Volk in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(2) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

Artikel 62

(1) Die Landesfarben sind Schwarz-Rot-Gold.

(2) Das Landeswappen wird durch Gesetz bestimmt.

 

 

Zweiter Abschnitt
Wahlen und Volksabstimmungen

 

Artikel 63

(1) Wahlen und Volksentscheide sind allgemein, gleich, unmittelbar, geheim und frei.

(2) Der Tag der Stimmabgabe muss ein Sonntag oder ein öffentlicher Ruhetag sein.

Artikel 64

1Stimmberechtigt sind alle über 18 Jahre alten Deutschen, die im Saarland ihren Wohnsitz haben und nicht vom Stimmrecht ausgeschlossen sind. 2In Gemeinden und Gemeindeverbänden sind bei Wahlen auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar sowie bei Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden stimmberechtigt.

 

 

Dritter Abschnitt
Organe des Volkswillens

Erstes Kapitel

Der Landtag

Artikel 65

(1) Der Landtag ist die gewählte Vertretung des Volkes.

(2) 1Der Landtag übt die gesetzgebende Gewalt aus, soweit sie nicht durch die Verfassung dem Volk unmittelbar vorbehalten ist. 2Er kann sich der gesetzgebenden Gewalt nicht entäußern.

(3) Dem Landtag obliegt die Kontrolle der vollziehenden Gewalt.

Artikel 66

(1) 1Der Landtag besteht aus 51 Abgeordneten. 2Diese werden nach Grundsätzen eines Verhältniswahlrechts gewählt. 3Auf Wahlvorschläge, für die im Land weniger als fünf vom Hundert der gültigen Stimmen abgegeben werden, entfallen keine Sitze.

(2) 1Die Abgeordneten sind Vertreter des ganzen Volkes, nur ihrem Gewissen unterworfen und an Aufträge und Weisungen nicht gebunden. 2Wählbar ist jeder Stimmberechtigte, der das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.

Artikel 67

(1) 1Der Landtag wird auf fünf Jahre gewählt. 2Die Wahlperiode endet, auch im Fall einer Auflösung des Landtages, mit dem Zusammentritt des neuen Landtages. 3Die Neuwahl findet frühestens siebenundfünfzig und spätestens sechzig Monate nach Beginn der Wahlperiode statt.

4Im Fall einer Auflösung des Landtages findet die Neuwahl innerhalb von sechzig Tagen statt. 5Der Landtagspräsident gibt den Beginn dieser Frist im Amtsblatt des Saarlandes bekannt.

(2) Der Landtag tritt spätestens am dreißigsten Tag nach der Wahl zusammen.

Artikel 68

1Der Landtag bestimmt Zeitpunkt und Dauer seiner Sitzungen. 2Der Landtagspräsident kann den Landtag früher einberufen. 3Er ist dazu verpflichtet, wenn ein Viertel der Abgeordneten oder der Ministerpräsident es verlangen.

Artikel 69

Der Landtag ist aufgelöst, wenn er dies mit einer Mehrheit von zwei Drittel seiner Mitglieder beschließt oder wenn er der Landesregierung das Vertrauen entzogen hat und nicht innerhalb von vier Wochen die Bildung einer von seinem Vertrauen getragenen Landesregierung ermöglicht.

Artikel 70

(1) Der Landtag regelt seine inneren Angelegenheiten durch Gesetz und Geschäftsordnung.

(2) Er wählt den Präsidenten, die Vizepräsidenten und die übrigen Mitglieder des Präsidiums unter Berücksichtigung der verschiedenen Fraktionen.

Artikel 71

(1) 1Der Präsident führt die Geschäfte des Landtages. 2Die Landtagsverwaltung untersteht seiner Leitung. 3Ihm steht im Benehmen mit dem Präsidium die Einstellung und Entlassung der Angestellten und Arbeiter sowie die Ernennung und Entlassung der Beamten des Landtages zu. 4Er verfügt über die Einnahmen und Ausgaben des Hauses und vertritt das Land in den Rechtsgeschäften und Rechtsstreitigkeiten des Landtages.

(2) 1Der Präsident übt das Hausrecht und die Polizeigewalt im Landtag aus. 2Eine Durchsuchung oder Beschlagnahmung darf in den Räumen des Landtages nur mit seiner Zustimmung vorgenommen werden.

Artikel 72

(1) Der Landtag verhandelt öffentlich.

(2) 1Der Landtag kann mit Zweidrittelmehrheit der Anwesenden für einzelne Gegenstände der Tagesordnung die Öffentlichkeit ausschließen. 2Der Antrag kann auch von der Landesregierung gestellt werden. 3Über den Antrag wird in geheimer Sitzung verhandelt und beschlossen. 4Der Landtag entscheidet darüber, ob und in welcher Art die Öffentlichkeit über nichtöffentliche Verhandlungen unterrichtet werden soll.

(3) Für die Verhandlungen in den Ausschüssen kann Abweichendes bestimmt werden.

Artikel 73

Wahrheitsgetreue Berichte über die Verhandlungen in öffentlichen Sitzungen des Landtages oder seiner Ausschüsse bleiben von jeder Verantwortung frei.

Artikel 74

(1) Der Landtag ist beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte der Mitglieder anwesend ist.

(2) 1Zu einem Beschluss des Landtages ist die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich, soweit die Verfassung nichts anderes bestimmt. 2Für die vom Landtag vorzunehmenden Wahlen können Gesetz oder Geschäftsordnung Ausnahmen vorsehen.

Artikel 75

(1) 1Der Landtag prüft und entscheidet die Gültigkeit der Wahl. 2Er entscheidet auch über die Frage, ob ein Abgeordneter die Mitgliedschaft verloren hat.

(2) Die Entscheidungen können beim Verfassungsgerichtshof angefochten werden.

Artikel 76

(1) Die Mitglieder der Landesregierung müssen auf Verlangen des Landtages oder seiner Ausschüsse zu den Sitzungen erscheinen und Auskünfte erteilen.

(2) 1Die Mitglieder der Landesregierung und ihre Beauftragten haben jederzeit zu den Sitzungen des Landtages und seiner Ausschüsse Zutritt. 2Den Mitgliedern der Landesregierung ist auf Verlangen jederzeit das Wort zu erteilen.

Artikel 76a

(1) Die Landesregierung unterrichtet zum frühestmöglichen Zeitpunkt den Landtag über alle Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union, die für das Land von herausragender politischer Bedeutung sind und wesentliche Interessen des Landes unmittelbar berühren, und gibt ihm die Gelegenheit zur Stellungnahme.

(2) 1Bei Vorhaben, die die Gesetzgebungszuständigkeiten der Länder wesentlich berühren, berücksichtigt die Landesregierung die Stellungnahmen des Landtages. 2Entsprechendes gilt bei der Übertragung von Hoheitsrechten der Länder auf die Europäische Union.

(3) Einzelheiten der Unterrichtung und Beteiligung des Landtages bleiben einer Vereinbarung zwischen Landesregierung und Landtag vorbehalten.

Artikel 77

(1) 1Der Landtag bildet nach Bedarf Ausschüsse. 2Ihre Zusammensetzung hat der Stärke der Fraktionen Rechnung zu tragen.

(2) 1In besonderen Fällen kann der Landtag zur Vorbereitung von Entscheidungen Enquêtekommissionen einsetzen. 2Ihnen können auch Mitglieder angehören, die nicht Abgeordnete sind.

Artikel 78

(1) Über Bitten und Beschwerden an den Landtag entscheidet der Ausschuss für Eingaben, sofern nicht der Landtag selbst entscheidet.

(2) Der Ausschuss ist grundsätzlich befugt, von der Landesregierung, ihren Mitgliedern und den anderen obersten Landesbehörden Auskunft und Aktenvorlage zu verlangen sowie Petenten und andere Beteiligte zu hören.

Artikel 79

(1) Der Landtag hat das Recht und auf Antrag von einem Viertel der Abgeordneten die Pflicht, Untersuchungsausschüsse einzusetzen.

(2) 1Die Ausschüsse erheben Beweis in öffentlicher Verhandlung. 2Die Öffentlichkeit kann vom Untersuchungsausschuss mit der Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder ausgeschlossen werden.

(3) Die Gerichte und Verwaltungsbehörden sind verpflichtet, dem Ersuchen der Ausschüsse um Beweiserhebung Folge zu leisten; die Akten der Behörden sind auf Verlangen vorzulegen.

(4) Auf das Verfahren der Ausschüsse und der von ihnen ersuchten Behörden finden die Vorschriften der Strafprozessordnung sinngemäße Anwendung, doch bleibt das Brief-, Post-, Telegrafen- und Fernsprechgeheimnis unberührt.

Artikel 80

1Der Landtag bildet einen Ausschuss für Grubensicherheit. 2Dieser hat auch die Rechte eines Untersuchungsausschusses. 3Auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder hat er die Pflicht, eine Angelegenheit zum Gegenstand seiner Untersuchung zu machen.

Artikel 81

(1) 1Kein Abgeordneter darf zu irgendeiner Zeit wegen seiner Abstimmung oder wegen der in Ausübung seines Mandats getanen Äußerungen strafgerichtlich oder dienstlich verfolgt oder zivilrechtlich in Anspruch genommen oder sonst außerhalb der Versammlung zur Verantwortung gezogen werden (berufliche Immunität). 2Dies gilt nicht für verleumderische Beleidigungen.

(2) Als Äußerungen in Ausübung des Mandats sind insbesondere die von Abgeordneten in Ausschusssitzungen des Landtages, in Sitzungen der Fraktionen, in Verhandlungen mit der Landesregierung oder für die Landesregierung, als Mitglied einer Abordnung des Landtages sowie die in schriftlichen Anträgen an den Landtag abgegebenen Erklärungen anzusehen.

Artikel 82

(1) Kein Abgeordneter kann ohne Genehmigung des Landtages wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung zur Untersuchung gezogen oder verhaftet werden, es sei denn, dass er bei Ausübung der Tat oder im Laufe des folgenden Tages festgenommen wird (außerberufliche Immunität).

(2) Die gleiche Genehmigung ist bei jeder anderen Beschränkung der persönlichen Freiheit erforderlich, die die Ausübung des Mandats beeinträchtigt.

(3) Jedes Strafverfahren gegen einen Abgeordneten, jede Haft oder sonstige Beschränkung seiner persönlichen Freiheit wird auf Verlangen des Landtages längstens für die Dauer der Wahlperiode ausgesetzt.

(4) Ist für die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit durch Gesetz die unbeschränkte gerichtliche Verfolgbarkeit für Handlungen vorgeschrieben, die in Ausübung dieses Berufes begangen werden, so finden vorstehende Bestimmungen keine Anwendung.

Artikel 83

1Abgeordnete sind berechtigt, über Personen, die ihnen oder denen sie in dieser Eigenschaft Tatsachen anvertraut haben, sowie über diese Tatsachen selbst, das Zeugnis zu verweigern. 2Soweit dieses Zeugnisverweigerungsrecht reicht, ist die Beschlagnahme unzulässig.

Artikel 84

1Abgeordnete bedürfen zur Ausübung ihres Mandats keines Urlaubs. 2Bewirbt sich jemand um einen Sitz im Landtag, so ist ihm der zur Vorbereitung der Wahl erforderliche Urlaub zu gewähren.

Artikel 85

(1) 1Ein Abgeordneter, der in gewinnsüchtiger Weise seinen Einfluss oder sein Wissen als Abgeordneter in einer das Ansehen des Landtages gröblich gefährdenden Weise missbraucht, kann vor dem Verfassungsgerichtshof unter Anklage gestellt werden. 2Das Gleiche gilt für einen Abgeordneten, der vorsätzlich Mitteilungen, deren Geheimhaltung in einer Sitzung des Landtages oder eines seiner Ausschüsse beschlossen worden ist, in der Voraussicht, dass diese öffentlich bekannt werden, einem anderen zur Kenntnis bringt.

(2) Der Antrag auf Erhebung der Anklage muss von mindestens einem Drittel der Mitglieder des Landtages unterzeichnet sein und bedarf der Zustimmung einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Landtages.

(3) Der Verfassungsgerichtshof kann auf Verlust des Mandats erkennen.

 

 

Zweites Kapitel
Die Landesregierung

 

Artikel 86

Die Landesregierung besteht aus dem Ministerpräsidenten, den Ministern und Staatssekretären als weiteren Mitgliedern.

Artikel 87

(1) 1Der Ministerpräsident wird mit der Mehrheit der gesetzlichen Mitgliederzahl vom Landtag gewählt. 2Er ernennt und entlässt mit Zustimmung des Landtages die Minister und die weiteren Mitglieder der Landesregierung. 3Die Zahl der weiteren Mitglieder darf ein Drittel der Zahl der Minister nicht übersteigen.

(2) Jedes Mitglied der Landesregierung kann jederzeit seinen Rücktritt erklären.

(3) 1Das Amt des Ministerpräsidenten endet mit dem Zusammentritt eines neuen Landtages. 2Das Amt jedes anderen Mitglieds der Landesregierung endet mit jeder Erledigung des Amtes des Ministerpräsidenten.

(4) Wird der Ministerpräsident nicht innerhalb von drei Monaten nach dem Zusammentritt des neu gewählten Landtages oder nach der sonstigen Erledigung des Amtes des Ministerpräsidenten gewählt, so ist der Landtag aufgelöst.

(5) 1Im Fall des Rücktritts oder einer sonstigen Beendigung des Amtes haben die Mitglieder der Landesregierung bis zur Übernahme des Amtes durch ihre Nachfolger ihr Amt weiterzuführen. 2Der Ministerpräsident kann die übrigen Mitglieder der Landesregierung, der Landtagspräsident den Ministerpräsidenten von dieser Verpflichtung freistellen.

Artikel 88

(1) 1Die Mitglieder der Landesregierung bedürfen zu ihrer Amtsführung des Vertrauens des Landtages. 2Sie scheiden aus ihrem Amt, wenn ihnen der Landtag das Vertrauen entzieht.

(2) 1Das Vertrauen kann durch Ablehnung des Antrags, das Vertrauen auszusprechen (Vertrauensfrage), oder durch die ausdrückliche Erklärung des Misstrauens (Misstrauensvotum) entzogen werden. 2Die Vertrauensfrage kann nur von der Landesregierung in ihrer Gesamtheit, der Antrag auf ausdrückliche Erklärung des Misstrauens nur von einer Fraktion gestellt werden. 3Der Beschluss, das Vertrauen zu entziehen, bedarf der Mehrheit der gesetzlichen Mitgliederzahl des Landtages. 4Die Abstimmung über den Entzug des Vertrauens darf frühestens am zweiten Tag und muss spätestens am siebten Tag nach dem Schluss der Aussprache stattfinden. 5Die Abstimmung erfolgt namentlich.

Artikel 89

1Die Mitglieder der Landesregierung leisten beim Amtsantritt den Amtseid. 2Er lautet:

,,Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, Verfassung und Recht wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe.“

3Der Eid kann auch ohne religiöse Beteuerung geleistet werden.

Artikel 90

(1) Der Ministerpräsident führt den Vorsitz in der Landesregierung und leitet ihre Geschäfte.

(2) Die Landesregierung gibt sich eine Geschäftsordnung, die im Amtsblatt des Saarlandes veröffentlicht wird.

Artikel 91

(1) 1Der Ministerpräsident bestimmt die Richtlinien der Politik. 2Er legt die Geschäftsbereiche der Minister fest und gibt sie im Amtsblatt des Saarlandes bekannt.

(2) Innerhalb der von dem Ministerpräsidenten bestimmten Richtlinien leitet jeder Minister seinen Geschäftsbereich selbstständig.

(3) Bei Beschlussfassungen der Landesregierung sind Staatssekretäre als deren weitere Mitglieder nicht an Weisungen des Ministerpräsidenten oder der Minister, denen sie zugeordnet sind, gebunden.

Artikel 92

1Die Landesregierung ernennt und entlässt die Beamten und Richter des Landes, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. 2Sie kann die Befugnisse auf andere Stellen übertragen.

Artikel 93

1Die Ausübung des Begnadigungsrechts wird durch Gesetz geregelt. 2Amnestie bedarf eines Gesetzes.

Artikel 94

(1) 1Der Landtag ist berechtigt, jedes Mitglied der Landesregierung vor dem Verfassungsgerichtshof anzuklagen, dass sie vorsätzlich die Verfassung oder ein Gesetz verletzt haben. 2Der Verfassungsgerichtshof kann auf Verlust des Amtes erkennen.

(2) Der Antrag auf Erhebung der Anklage muss von mindestens einem Drittel der Mitglieder des Landtages unterzeichnet sein und bedarf der Zustimmung einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Landtages.

Artikel 95

(1) Der Ministerpräsident vertritt das Land nach außen.

(2) 1Der Abschluss von Staatsverträgen bedarf der Zustimmung des Landtages durch Gesetz. 2Die Landesregierung ist verpflichtet, den Landtag über andere wichtige Vereinbarungen zu unterrichten.

 

 

Drittes Kapitel
Der Verfassungsgerichtshof

 

Artikel 96

(1) 1Der Verfassungsgerichtshof besteht aus acht Mitgliedern. 2Diese werden mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Landtages gewählt. 3Dies gilt auch für die Wahl von Stellvertretern.

(2) Der Verfassungsgerichtshof hat seinen Sitz in Saarbrücken.

Artikel 97

Der Verfassungsgerichtshof entscheidet

1.

über die Auslegung dieser Verfassung aus Anlass von Streitigkeiten über den Umfang von Rechten und Pflichten eines obersten Landesorgans oder anderer Beteiligter, die durch die Verfassung oder in der Geschäftsordnung des Landtages oder der Landesregierung mit eigener Zuständigkeit ausgestattet sind,

2.

bei Meinungsverschiedenheiten oder Zweifeln über die Vereinbarkeit von Landesrecht mit dieser Verfassung auf Antrag von einem Drittel der Mitglieder des Landtages oder der Landesregierung,

3.

über die Vereinbarkeit eines Landesgesetzes mit dieser Verfassung, nachdem ein Gericht das Verfahren gemäß Artikel 100 Abs. 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland ausgesetzt hat, und

4.

in den übrigen ihm durch Verfassung oder Gesetz zugewiesenen Angelegenheiten.

 

 

Vierter Abschnitt
Die Gesetzgebung

 

Artikel 98

Die Gesetzesvorlagen werden vom Ministerpräsidenten namens der Landesregierung, von einem Mitglied des Landtages, einer Fraktion oder durch Volksbegehren eingebracht.

Artikel 98a

1Volksinitiativen können darauf gerichtet sein, den Landtag im Rahmen seiner Zuständigkeit mit bestimmten Gegenständen der politischen Willensbildung zu befassen. 2Auf Antrag von mindestens fünftausend Einwohnern des Saarlandes, die zum Zeitpunkt der Unterzeichnung mindestens 16 Jahre alt sind, hat der Landtag diesem Verlangen nachzukommen.

Artikel 99

(1) 1Volksbegehren können darauf gerichtet werden, Gesetze zu erlassen, zu ändern oder aufzuheben. 2Ein Volksbegehren ist nur auf Gebieten zulässig, die der Gesetzgebung des Landes unterliegen. 3Über Landeshaushaltsgesetze, Abgaben, Besoldung, Entgelts- und Entschädigungszahlungen sowie Staatsleistungen finden Volksbegehren nicht statt. 4Über andere finanzwirksame Gesetze finden Volksbegehren nur dann statt, wenn die finanziellen Auswirkungen insgesamt weniger als 0,3 Prozent des für den Zeitpunkt der Beantragung der Zulassung des Volksbegehrens festgestellten Haushaltsplanes des Landes betragen. 5Bei Volksbegehren, deren finanzielle Auswirkungen wiederkehrend sind, darf die Gesamtauswirkung im ersten Jahr der Haushaltswirksamkeit und den drei hierauf folgenden Jahren insgesamt 0,5 Prozent des für den Zeitpunkt der Beantragung der Zulassung des Volksbegehrens festgestellten Haushaltsplanes des Landes nicht übersteigen. 6Soweit es sich um eine kostenverursachende Maßnahme handelt, muss das Volksbegehren einen konkreten und begründeten Vorschlag zur Deckung der Kosten der begehrten Maßnahme enthalten. 7Der Vorschlag darf sich nicht auf Abgaben, Besoldung, Entgelts- und Entschädigungszahlungen sowie Staatsleistungen beziehen.

(2) 1Dem Volksbegehren muss ein ausgearbeiteter und mit Gründen versehener Gesetzentwurf zugrunde liegen. 2Es ist einzuleiten, wenn fünftausend Stimmberechtigte es beantragen. 3Das Volksbegehren ist zustande gekommen, wenn es durch Eintragung in amtlich ausgelegten Unterstützungsblättern von mindestens sieben Prozent der Stimmberechtigten innerhalb von drei Monaten unterstützt wird.

(3) 1Über Zulässigkeit und Zustandekommen des Volksbegehrens entscheidet die Landesregierung. 2Gegen ihre Entscheidungen kann der Verfassungsgerichtshof angerufen werden.

(4) Das Volksbegehren ist von der Landesregierung unter Darlegung ihres Standpunktes unverzüglich dem Landtag zu unterbreiten.

Artikel 100

(1) 1Entspricht der Landtag binnen zwei Monaten dem Volksbegehren nicht, so ist innerhalb von weiteren zwei Monaten ein Volksentscheid herbeizuführen. 2Tritt während des Laufes dieser Fristen ein neuer Landtag zusammen, so beginnen beide Fristen neu zu laufen.

(2) 1Der dem Volk zur Entscheidung vorgelegte Gesetzentwurf ist mit dem konkreten und begründeten Kostendeckungsvorschlag sowie der Stellungnahme der Landesregierung zu begleiten, die bündig und sachlich sowohl die Begründung der Antragsteller wie die Auffassung des Landtages über den Gegenstand und den Kostendeckungsvorschlag darlegt. 2Der Landtag kann einen eigenen Gesetzentwurf dem Volk zur Entscheidung mit vorlegen.

(3) Das Gesetz ist durch Volksentscheid beschlossen, wenn ihm die Mehrheit derjenigen, die eine gültige Stimme abgegeben haben, jedoch mindestens ein Viertel der Stimmberechtigten, zustimmt.

(4) (aufgehoben)

>Artikel 101

(1) 1Die Verfassung kann nur durch ein Gesetz geändert werden, das ihren Wortlaut ausdrücklich ändert oder ergänzt. 2Ein solches Gesetz bedarf der Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Landtages. 3Ein solches Gesetz ist durch Volksentscheid beschlossen, wenn sich mindestens die Hälfte der Stimmberechtigten an der Abstimmung beteiligt und mindestens zwei Drittel der Abstimmenden dem Gesetzentwurf zustimmen. 4Ein Volksentscheid über die Änderung der Verfassung hinsichtlich der Vorschriften zum Gesetzgebungsverfahren findet nicht statt.

(2) Die Änderung darf den Grundsätzen des demokratischen und sozialen Rechtsstaates nicht widersprechen.

(3) Bestehen Meinungsverschiedenheiten oder Zweifel, ob ein verfassungsänderndes Gesetz oder die Vorlage eines solchen den Grundsätzen des demokratischen und sozialen Rechtsstaates widerspricht, so entscheidet der Verfassungsgerichtshof auf Antrag der Landesregierung, des Landtages, von fünf Abgeordneten oder einer Fraktion.

Artikel 102

1Der Ministerpräsident hat die im verfassungsmäßigen Verfahren beschlossenen Gesetze mit den zuständigen Ministern auszufertigen und im Amtsblatt des Saarlandes zu verkünden. 2Das Amtsblatt des Saarlandes kann nach Maßgabe eines Gesetzes auch in elektronischer Form geführt werden. 3Verfassungsändernde Gesetze sind vom Ministerpräsidenten und allen Ministern auszufertigen.

Artikel 103

Gesetze treten, soweit sie nichts anderes bestimmen, mit dem Tag nach der Verkündung im Amtsblatt des Saarlandes in Kraft.

Artikel 104

(1) 1Die Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen kann nur durch Gesetz erteilt werden. 2Das Gesetz muss Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung bestimmen. 3Die Rechtsgrundlage sowie die Stelle, welche die Verordnung erlässt, sind in der Verordnung anzugeben. 4Ist durch Gesetz vorgesehen, dass die Ermächtigung weiter übertragen werden kann, so bedarf es zu ihrer Übertragung einer Rechtsverordnung.

(2) 1Rechtsverordnungen sind von der Stelle, die sie erlassen hat, auszufertigen und im Amtsblatt des Saarlandes zu verkünden, wenn das Gesetz nicht eine andere Form der Veröffentlichung vorsieht. 2Sie treten, soweit sie nichts anderes bestimmen, mit dem Tag nach der Verkündung in Kraft.

 

 

Fünfter Abschnitt
Das Finanzwesen

 

Artikel 105

(1) 1Alle Einnahmen und Ausgaben des Landes sind in den Haushaltsplan einzustellen. 2Der Haushaltsplan ist in Einnahme und Ausgabe auszugleichen. 3Der Haushaltsplan wird für ein oder zwei Rechnungsjahre, nach Jahren getrennt, vor Beginn des Rechnungsjahres durch das Haushaltsgesetz festgestellt.

(2) 1In das Haushaltsgesetz dürfen nur Vorschriften aufgenommen werden, die sich auf die Einnahmen und Ausgaben des Landes und auf den Zeitraum beziehen, für den das Haushaltsgesetz beschlossen wird. 2Das Haushaltsgesetz kann vorschreiben, dass die Vorschriften erst mit der Verkündung des nächsten Haushaltsgesetzes oder bei Ermächtigung nach Artikel 108 zu einem späteren Zeitpunkt außer Kraft treten.

(3) Ist bis zum Schluss eines Rechnungsjahres der Haushaltsplan für das folgende Jahr nicht durch Gesetz festgestellt, so ist bis zu seinem In-Kraft-Treten die Landesregierung ermächtigt, alle Ausgaben zu leisten, die nötig sind,

a)

um gesetzlich bestehende Einrichtungen zu erhalten und gesetzlich beschlossene Maßnahmen durchzuführen,

b)

um die rechtlich begründeten Verpflichtungen des Landes zu erfüllen,

c)

um Bauten, Beschaffungen und sonstige Leistungen fortzusetzen oder Beihilfen für diese Zwecke zu gewähren, sofern durch den Haushaltsplan eines Vorjahres bereits Beträge bewilligt worden sind.

(4) Soweit nicht auf besonderem Gesetz beruhende Einnahmen aus Steuern, Abgaben und sonstigen Quellen die Ausgaben unter Absatz 3 decken, darf die Landesregierung die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftsführung erforderlichen Mittel bis zur Höhe eines Viertels der Endsumme des abgelaufenen Haushaltsplanes im Wege des Kredits flüssig machen.

Artikel 106

(1) Der Landtag entscheidet darüber, ob der Landesregierung Entlastung für ihre Haushaltsführung erteilt wird.

(2) 1Der Minister der Finanzen hat zur Entlastung der Landesregierung dem Landtag über alle Einnahmen und Ausgaben des Landes Rechnung zu legen. 2Der Haushaltsrechnung sind Übersichten über das Vermögen und die Schulden beizufügen. 3Zur Vorbereitung des Entlastungsbeschlusses prüft der Rechnungshof die Rechnung sowie die Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit der Haushalts- und Wirtschaftsführung. 4Er hat dem Landtag und der Landesregierung jährlich zu berichten.

(3) 1Die Mitglieder des Rechnungshofes sind unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen. 2Sie werden vom Landtag gewählt und vom Landtagspräsidenten ernannt und entlassen.

Artikel 107

(1) 1Überplanmäßige und außerplanmäßige Ausgaben bedürfen der Zustimmung des Ministers der Finanzen. 2Sie darf nur im Fall eines unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedürfnisses erteilt werden.

(2) Der Landtag kann Ausgaben, die über den von der Landesregierung vorgeschlagenen oder bewilligten Betrag hinausgehen, nur beschließen, wenn die finanzielle Deckung gewährleistet ist.

Artikel 108

Die Aufnahme von Krediten sowie die Übernahme von Bürgschaften, Garantien oder sonstigen Gewährleistungen, die zu Ausgaben in künftigen Rechnungsjahren führen können, bedürfen einer der Höhe nach bestimmten oder bestimmbaren Ermächtigung durch Landesgesetz.

 

 

Sechster Abschnitt
Rechtspflege

 

Artikel 109

(1) Die rechtsprechende Gewalt wird ausschließlich durch die nach den Gesetzen bestellten Gerichte ausgeübt.

(2) 1Ausnahmegerichte sind unstatthaft. 2Gerichte für besondere Sachgebiete sind zulässig.

Artikel 110

1Die Richter sind unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen. 2In der Bindung an das Gesetz üben sie ihr Amt im Geist des demokratischen und sozialen Rechtsstaates aus.

Artikel 111

1Die hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellten Richter werden auf Lebenszeit berufen. 2Sie können wider ihren Willen nur kraft richterlicher Entscheidung und nur aus Gründen und unter den Formen, welche die Gesetze bestimmen, vor Ablauf ihrer Amtszeit entlassen oder dauernd oder zeitweise ihres Amtes enthoben oder an eine andere Stelle oder in den Ruhestand versetzt werden. 3Die Gesetzgebung kann Altersgrenzen festsetzen, bei deren Erreichung auf Lebenszeit angestellte Richter in den Ruhestand treten. 4Bei Veränderung der Einrichtung der Gerichte oder ihrer Bezirke können Richter an ein anderes Gericht versetzt oder aus dem Amt entfernt werden, jedoch nur unter Belassung des vollen Gehalts.

 

 

Siebter Abschnitt
Verwaltung und Beamte

 

Artikel 112

1Die Organisation der allgemeinen Staatsverwaltung und die Regelung der Zuständigkeiten erfolgen durch Gesetz. 2Die Einrichtung der Behörden im Einzelnen obliegt der Landesregierung und auf Grund der von ihr erteilten Ermächtigung den einzelnen Ministern.

Artikel 113

1Die Erfüllung der hoheitlichen Aufgaben der Verwaltung obliegt den Beamten. 2In Ausnahmefällen ist die Übertragung solcher Aufgaben auf Angestellte zulässig.

Artikel 114

(1) Das Berufsbeamtentum wird aufrechterhalten.

(2) Die Grundlagen des Beamtenverhältnisses werden durch Gesetz geregelt.

Artikel 115

(1) 1Die Beamten sind Diener des ganzen Volkes, nicht einer Partei. 2Der Beamte hat sich innerhalb und außerhalb des Dienstes jederzeit zum demokratischen und sozialen Rechtsstaat zu bekennen.

(2) 1Die Anstellung der Beamten erfolgt auf Lebenszeit, soweit nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt wird. 2Die wohlerworbenen Rechte der Beamten sind unverletzlich.

(3) 1Die Beamten können nur unter den gesetzlich bestimmten Voraussetzungen und Formen vorläufig ihres Amtes enthoben, einstweilen oder endgültig in den Ruhestand oder in ein anderes Amt mit geringerem Endgrundgehalt versetzt werden. 2Gegen jede Disziplinarmaßnahme muss ein Beschwerdeweg und die Möglichkeit eines Wiederaufnahmeverfahrens gegeben sein.

(4) 1Dem Beamten ist Einsicht in seine Personalakte zu gewähren. 2In die Personalakten sind Eintragungen von ungünstigen Tatsachen erst vorzunehmen, wenn dem Beamten Gelegenheit gegeben war, sich über sie zu äußern.

(5) Die Stellung des Beamten zum Staat schließt das Streikrecht aus.

Artikel 116

(1) Die Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes sind verpflichtet, das übertragene Amt gerecht und unparteiisch zu verwalten, die Verfassung und die Gesetze zu befolgen.

(2) Die Beamten sind auf die Verfassung zu vereidigen.

 

 

Achter Abschnitt
Kommunale Selbstverwaltung

 

Artikel 117

(1) Die Gemeinden sind die in den Staat eingeordneten Gemeinwesen der in örtlicher Gemeinschaft lebenden Menschen.

(2) Zur Förderung des Wohls ihrer Einwohner erfüllen die Gemeinden alle öffentlichen Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft, soweit diese nicht durch Gesetz anderen Stellen im öffentlichen Interesse zugewiesen sind.

(3) Die Gemeinden regeln ihre Angelegenheiten im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung.

Artikel 118

Die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereichs nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung.

Artikel 119

(1) 1Gemeinden und Gemeindeverbände führen ihre Finanz- und Haushaltswirtschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung. 2Sie haben das Recht, Steuern und sonstige Abgaben nach Maßgabe der Gesetze zu erheben.

(2) 1Das Land gewährleistet den Gemeinden und Gemeindeverbänden durch seine Gesetzgebung eine Finanzausstattung, die ihnen eine angemessene Aufgabenerfüllung ermöglicht. 2Diesem Zweck dient auch der kommunale Finanzausgleich.

Artikel 120

1Das Land kann die Gemeinden und Gemeindeverbände durch Gesetz zur Übernahme und Durchführung bestimmter öffentlicher Aufgaben verpflichten, wenn dabei gleichzeitig Bestimmungen über die Deckung der Kosten getroffen werden. 2Führt die Übertragung neuer Aufgaben durch Gesetz oder die Veränderung bestehender und übertragbarer Aufgaben durch Gesetz oder Rechtsverordnung zu einer wesentlichen Belastung der davon betroffenen Gemeinden oder Gemeindeverbände, ist dafür durch Gesetz oder Rechtsverordnung aufgrund einer Kostenfolgeabschätzung ein entsprechender finanzieller Ausgleich für die entstehenden notwendigen, durchschnittlichen Aufwendungen zu schaffen. 3Der Aufwendungsersatz soll pauschaliert geleistet werden. 4Wird nachträglich eine wesentliche Abweichung von der Kostenfolgeabschätzung festgestellt, wird der finanzielle Ausgleich für die Zukunft angepasst. 5Das Nähere zu den Sätzen 2 bis 4 regelt ein Gesetz; darin sind die Grundsätze der Kostenfolgeabschätzung festzulegen und Bestimmungen über eine Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände zu treffen.

Artikel 121

In den Gemeinden und Gemeindeverbänden werden Vertretungskörperschaften nach Grundsätzen eines Verhältniswahlrechts gewählt, sofern mehr als ein gültiger Wahlvorschlag eingereicht wird.

Artikel 122

1Die Gemeinden und Gemeindeverbände unterstehen der Aufsicht des Staates. 2In Selbstverwaltungsangelegenheiten beschränkt sich die Aufsicht darauf, die Rechtmäßigkeit sicherzustellen.

Artikel 123

Gemeinden und Gemeindeverbände können den Verfassungsgerichtshof anrufen, wenn sie geltend machen, durch ein Gesetz in ihrem Selbstverwaltungsrecht verletzt zu sein.

Artikel 124

Bevor durch Gesetz oder Verordnung allgemeine Fragen geregelt werden, welche die Gemeinden und Gemeindeverbände unmittelbar berühren, sollen die kommunalen Spitzenverbände gehört werden.

Artikel 125 bis 128
(aufgehoben)

 

 

III. Hauptteil
Schluss- und Übergangsbestimmungen

 

Artikel 129

Die Wahlperiode des vierten Landtages endet am 30. Juni 1965.

Artikel 130 und 131
(aufgehoben)

Artikel 132

Alle bisherigen Gesetze und Verordnungen, die einer Anpassung an die Grundsätze dieser Verfassung bedürfen, bleiben bis dahin in Kraft.

Artikel 133

Diese Verfassung tritt mit ihrer Verkündung im Amtsblatt des Saarlandes in Kraft.